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Menschenrechtssysteme über Europa hinaus: Die Organisation Amerikanischer Staaten

Der überstaatliche Schutz von Menschenrechten wird in Europa zum einen durch die Europäische Menschenrechtskonvention und zum anderen durch die Grundrechtecharta der Europäischen Union gewährleistet. Die Rechtsprechung durch die entsprechenden Gerichte stellt einen zentralen Aspekt nationalen Rechts dar, wodurch beide Systeme durchaus bekannt sind.


In Europa weniger bekannt sind hingegen die weiteren internationalen Menschenrechtssysteme, die in anderen Regionen der Welt einen ähnlichen Status besitzen. In diesem Artikel soll daher der Menschenrechtsschutz durch die Organisation Amerikanischer Staaten dargestellt werden, woraufhin in Folgeartikeln die Afrikanische Union, die Arabische Liga sowie der Verband Südostasiatischer Nationen vorgestellt werden.


von Jonas Heilemann


© Antonia Hinterdobler



Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) wurde am 30. April 1948 gegründet, geht jedoch zurück auf die bereits von Oktober 1889 bis April 1890 erstmals stattfindende Internationale Konferenz Amerikanischer Staaten. Mit der Gründung wurde zudem die Amerikanische Erklärung der Rechte und Pflichten des Menschen eingeführt, welche damit das erste internationale Menschenrechtsinstrument ist. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen wurde erst Ende 1948 erlassen, also erst deutlich später. Heute hat für den Großteil der Mitgliedstaaten die modernere Amerikanische Menschenrechtskonvention (AMRK) von 1978 Gültigkeit. Mit der neuen Konvention wurde auch der Interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof in San José eingeführt.


Seit Einführung der AMRK wurden weitere Dokumente innerhalb der OAS etabliert, um speziellere Menschenrechtsfragen zu adressieren. Unter anderem wurde eine Konvention zum Folterverbot, zu Sozialrechten und zur Gewalt gegen Frauen erlassen.



Bedeutung von Konvention und Gerichtshof


Ziel der OAS ist es, eine Ordnung von Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen und Solidarität, Zusammenarbeit, Souveränität, Integrität und Eigenständigkeit zu fördern, wie es der erste Artikel der AMRK beschreibt.


Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte wurde 1959 als Organ der OAS gegründet und fördert die Durchsetzung der AMRK durch die Beobachtung der Menschenrechtssituation und etwaiger Verletzungen dieser in den einzelnen Mitgliedsstaaten.


Das zweite Organ zum Schutz der Menschenrechte ist der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte. Da dieser 1979 auf Grundlage der modernen AMRK gegründet wurde, ist er bisher unter anderem von den USA und Kanada nicht anerkannt worden.


Der Gerichtshof hat neben beratenden Funktionen auch die Funktion als Gericht zwischen allen Staaten, die ihn anerkannt haben. In diesem Fall entfaltet die Entscheidung des Gerichtshofs Bindungswirkung, sobald die Staaten, die von einem Urteil betroffen sind, diesem Urteil zustimmen. Durch diesen Mechanismus ist der Gerichtshof weniger Kontrollinstanz für alle Mitgliedstaaten als vielmehr Schiedsgericht, das Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten adressiert.


Bedeutung für die Demokratisierung


Trotz dieser auf Freiwilligkeit basierenden Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs hat die OAS einen signifikanten Einfluss auf die Demokratisierung in Amerika.


Dr. Christian Schliemann-Radbruch analysiert die Bedeutung der OAS in seinem Artikel „Das Demokratiegebot in der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS)“.


Durch seine Organe habe die OAS es geschafft, eine rechtlich verbindliche Demokratienorm zu entwickeln. Damit ist gemeint, dass durch die verschiedenen Arten der Durchsetzung der Menschenrechte und Überwachung der Mitgliedstaaten grundlegende Merkmale der Demokratie respektiert werden müssen. Politische Teilhabe, Wahlen und Rechtstaatlichkeit stehen im Mittelpunkt der Entwicklung und sollen durch Gewaltenteilung, Rechtsbindung der Gewalten und eine unabhängige Justiz gewährleistet werden. Die Stellung des Gerichtshofs wird dadurch gestärkt, dass er nicht nur von Staaten ersucht werden kann, sondern auch von NGOs, Gruppen und einzelnen Individuen.


Dabei ist es wichtig, dass auch ohne der Etablierung einer „vollkommenen Demokratie“ wertvolle Schritte in der Demokratisierung erreicht wurden und die AMRK heute ähnlichen Schutz wie die EMRK in Europa darstellt.


Die etwas jüngere Afrikanische Union stellt neben dem Europäischen Rat und der Organisation Amerikanischer Staaten die dritte regionale internationale Organisation dar, die eine umfassende Struktur und Kompetenz im Bereich der Menschenrechte hat. Als nächstes wird Rechtverblüffend daher dieses Menschenrechtssystem genauer vorstellen.



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