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imBilde: CumEx





Illustrationen: Lea Donner


Bei sogenannten „Cum-Ex-Geschäften“ handelt es sich um Aktiengeschäfte, die sich am Tag der Dividendenausschüttung sowie kurz davor (lat.: „cum“) und danach (lat.: „ex“) abspielen. Eine Dividende ist für Investoren eine Beteiligung am Gewinn des Konzerns, an dem sie Aktien halten. Dividenden werden zu 25% versteuert.

Cum-Ex-Geschäfte sind bereits Anfang der 90er Jahre bekannt geworden und zählen zum größten Steuerskandal in der deutschen Geschichte. Hierdurch hat der Fiskus Verluste in Milliardenhöhe (Experten gehen derzeit von ca. 10 Milliarden € aus) gemacht.

Ein Beispiel: Angenommen, die drei Investoren X, Y und Z schließen sich zu einem Cum-Ex-Geschäft zusammen. X besitzt Aktien im Wert von 20 Million € eines Dax-Konzerns. Einen Tag vor der jährlichen Dividendenausschüttung, d.h. dem Tag, an dem die Auszahlung der Dividenden erfolgt, mit denen eine Aktiengesellschaft ihre Anleger am Gewinn des Unternehmens beteiligt, kauft auch Y Aktien des gleichen Unternehmens ebenfalls für 20 Million € („Cum Dividende“). Allerdings kauft Y diese von Z ab, der diese jedoch noch gar nicht besitzt („Leerverkauf“).

Würde nun der Dax-Konzern Dividenden im Wert von 1 Million € an X ausschütten, dann erhält X hiervon nur 75 %, denn die restlichen 25 % (also 250.000 €) müssen als Kapitalertragssteuer in die Staatskasse eingezahlt werden. Hierfür bekommt X eine Steuerbescheinigung, mit der er sich die Steuern vom Staat später zurückholen kann.


X verkauft nun seine Aktien an Z. Z zahlt diese mit dem Geld, das er von Y durch den gemeinsamen Leerverkauf erhalten hat, denn er muss ja noch Y mit den Aktien beliefern. Z zahlt aber an X nicht 20 Million €, sondern nur 19 Millionen €, denn ohne Dividenden sind die Aktien weniger wert („Ex Dividende“). Z liefert die Aktien nun an Y. Y hat die Aktien aber ja vor der Dividendenausschüttung gekauft und die Aktien sind jetzt weniger wert als damals. Deshalb zahlt Z dem Y zusätzlich 750.000 €. Über die fehlenden 250.000 € bekommt Y eine Steuerbescheinigung, die er wiederum beim Staat einreichen kann. Nun verkauft Z seine Aktien wieder an X. So scheint alles wieder wie vor den Verkäufen zu sein.


Das Problem: Der Staat hat durch dieses Hin und Her nur einmal Kapitalertragssteuern von X bekommen. X und Y können sich aber beide die Steuern vom Staat wieder zurückholen, nämlich insgesamt 500.000 Euro. Diese Summe teilen sich X, Y und Z untereinander auf. Dies ist also ihr „Geschäftsmodell“.

Aber wieso war dies überhaupt rechtlich möglich? Dies liegt am Eigentumsrecht an einer Aktie. Dieses geht bereits beim Kauf an den Käufer über. Durch den Leerverkauf zwischen Z und Y gab es zum Zeitpunkt der Dividendenausschüttung also zwei Aktieneigentümer. Insgesamt werden die Aktien so oft hin und her geschoben, dass die Eigentumsverhältnisse für die Behörden nicht mehr nachvollziehbar sind und der Staat doppelt Steuern zurückzahlt.

Der BGH hat mit Urteil vom 28. Juli 2021 – 1 StR 519/20 nun erstmalig und richtungsweisend entschieden, dass Cum-Ex-Geschäfte eine strafbare Steuerhinterziehung gem. § 370 AO darstellen. Insbesondere nahm er entgegen der Verteidigung nicht an, dass es sich hierbei um eine Gesetzeslücke handle, denn es ginge „um einen blanken Griff in die Kasse, in die alle Steuerzahler normalerweise einzahlen.“

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