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Schicksalsschläge und Schadenersatz: Interview mit Quirmbach & Partner

Nach einem schlimmen Unfall oder ärztlichen Behandlungsfehlern stehen die Betroffenen meist mächtigen Versicherungsunternehmen gegenüber. Wie kann den Betroffenen juristisch geholfen werden? Welche Schwierigkeiten stellen sich dabei? Und welche Erfolge lassen sich dennoch erzielen? Die Kanzlei Quirmbach & Partner engagiert sich seit über 30 Jahren für solche Fälle. Ihr Anwalt Thomas Gförer beantwortet unsere Fragen.


Interview: Philine Kieslich

© Nora Hüttig.

Rechtverblüffend: Herr Gfrörer, haben Sie „Gott“ geguckt?


Thomas Gfrörer: „Gott“ - Nein, das habe ich nicht gesehen. Ich habe aber mitbekommen, dass es um die aktive Sterbehilfe geht.


Rechtverblüffend: Genau. Sind das Themen, die Sie auch in Ihrer Kanzlei besprechen?

Thomas Gfrörer: Sterbehilfe so konkret nicht. Wir bieten Menschen, die in irgendeiner Form durch einen Unfall oder durch einen vermuteten Arztbehandlungsfehler Probleme haben, an, dass sie uns ihre Geschichte erzählen. Anschließend bekommen sie in juristischer Hinsicht eine Einschätzung diesbezüglich, was man machen kann, wie es weitergehen kann und wo die rechtlichen Probleme zu sehen sind. Dabei kam es in der letzten Zeit dann sehr selten auch zu solchen Sterbehilfefragen: Die Großmutter liegt im Klinikum, wir haben eine Patientenverfügung und eigentlich könnte man sie doch sterben lassen. Aber warum tut man das nicht? Das ist auch

schon während meines Studiums vor über 30 Jahren ein großes juristisches Problem gewesen, was natürlich auch mit dem geschichtlichen Hintergrund zu tun hat, der Euthanasie.


Rechtverblüffend: Ja, das ist natürlich besonders in Deutschland schwierig. Erzählen Sie aber gerne grundsätzlich ein bisschen über Ihre Tätigkeit – wie und wofür arbeitet Ihre Kanzlei?


Thomas Gfrörer: Die Kanzlei „Quirmbach und Partner“ gibt es seit 1986 und sie wurde damals von dem Namensgründer Martin Quirmbach gegründet. Ich bin 1998 dazugekommen und es wurde relativ schnell klar, dass wir uns auf etwas spezialisieren mussten, um uns von anderen zu differenzieren. Herr Quirmbach hatte eine Affinität zu Behandlungsfehlern, weil sein Bruder Arzt war. Daher rührte also unser Interesse, uns auf solche Fälle zu konzentrieren. Wir vertreten dabei die Patientenseite, also nur die Geschädigten - nie die Versicherungen. Auf der Gegenseite, also bei den Versicherungen, gibt es viel größere Kanzleien als uns, mit über 100 Anwälten, aber von den Kanzleien, die ausschließlich die Geschädigten vertreten, sind wir bundesweit die größte.


Rechtverblüffend: Das heißt, Sie agieren als eine Art Lobby für Geschädigte?


Thomas Gfrörer: Genau. Die Notwendigkeit dafür haben wir gesehen, weil die Gesetzessystematik, die Zivilprozessordnung, die Anspruchsstellung nach § 823 BGB immer denjenigen, der etwas verlangt - und das ist beim Arzthaftungsrecht nochmal schwieriger - vor große Beweisprobleme stellt. So müssen Sie beweisen, dass die Verletzungen, die ein Opfer erlitten hat, tatsächlich auch von dem Unfall herrühren oder eben daher, dass der Arzt einen Fehler gemacht hat. Wie wollen Sie das als Laie selbst feststellen? Dies gelingt nur durch ein Sachverständigengutachten. In einem zweiten Schritt muss dann geprüft werden, ob der Schaden, den der Geschädigte darlegt, auch wirklich von dem Behandlungsfehler herrührt. Also ist die erste Hürde bei Unfallangelegenheiten die Kausalität. Die zweite ist natürlich dann die Schadenshöhe.

Leider ist es nicht nur die Versicherungswirtschaft, die dort wirklich größte Hürden aufbaut, indem sie quasi über Armeen von Anwälten, von Medizinern und anderen Fachleuten verfügt. Es stellt sich dar wie der Kampf „David gegen Goliath“. Trotzdem können wir sagen, dass wir sehr erfolgreich sind - sonst wären wir nicht da, wo wir sind. Wir haben uns ein Netzwerk aufgebaut, mit nicht-juristischen Sachverständigen, Mathematikern zum Beispiel. Wir haben eine Software entwickelt, indem wir komplizierte Berechnungen einfach gestalten. All das schafft die Versicherungswirtschaft alleine wegen ihrer finanziellen Mittel schon innerhalb von wenigen Wochen. Wir als kleine Kanzlei hingegen benötigen dafür sehr viel Zeit und Manpower. Aber so ist das eben.


Rechtverblüffend: Gerade wenn es sich als eine solche Schwierigkeit darstellt, ist es großartig, dass Sie so eine Leidenschaft als Kanzlei dafür aufbringen können. Sehen Sie das als einen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit?


Thomas Gfrörer: Es geht natürlich erst mal um Recht und nicht um Gerechtigkeit. Gerade in Auseinandersetzungen mit den Ärzten ist das für die Geschädigten oft besonders belastend, weil sie dem Arzt schließlich vertraut haben. Natürlich: Wir alle sind Menschen. Auch Ärzte machen Fehler. Trotzdem halte ich die Fehlerkultur in der Medizin für äußerst problematisch. Ich will damit nicht die Ärzte anprangern, aber durch diese Kultur, in der Ärzte keinerlei Fehler eingestehen dürfen, um ihre eigene oder die Reputation des Krankenhauses nicht zu schädigen und in der auch vonseiten der Versicherer dahingehend Druck ausgeübt wird, als dass sie bei Zugeständnissen von Fehlern die Zahlung verweigern, ist heikel. Dabei sind oft auch emotionale Aspekte maßgeblich. Die Patienten sind fürchterlich niedergeschlagen. Wenn ein Arzt offen einen Fehler eingestehen und sich dafür entschuldigen würde, dann denke ich, würde ein Drittel der Auslastungszahlen gar nicht vor Gericht gehen.


Rechtverblüffend: Ja, das macht Sinn. Ich mache meinen Schwerpunkt im Medizinrecht und war neulich in einem Arzthaftungsprozess bei Gericht. Ich fand das Bild von dem vornehm gekleideten Mediziner neben einem guten Juristen und dem niedergeschlagenen Patienten gegenüber auch erschreckend. Der Patient hatte viele Langzeitfolgen und man hat richtig gemerkt, dass er all seine Hoffnungen in diese eine Anhörung und diesen Prozess gelegt hat. Insofern besteht eine gewisse Ungerechtigkeit - umso besser also, dass es Kanzleien gibt wie Ihre, die sich für ein bisschen mehr Gerechtigkeit einsetzen.


Thomas Gfrörer: Ja, Gerechtigkeit - oftmals sehen wir Hoffnung. Wir versuchen ja auch möglichst in allen Bereichen nicht vor Gericht zu gehen. Das ist eine zusätzliche Belastung für die Menschen und wir versuchen, das möglichst außergerichtlich zu machen. Aber ich sage auch meinen Mandanten: „Glauben Sie nicht, dass Sie, wenn Sie vor Gericht gehen, ein Wort der Entschuldigung hören“. Das habe ich, glaube ich, einmal erlebt.


Rechtverblüffend: Haben Sie denn einen besonders spannenden Fall, von dem Sie berichten können?


Thomas Gfrörer: Ich bin im Unfallbereich tätig und vertrete sehr viele geschädigte Menschen, die schwere Unfälle durch Verbrennungen erlitten haben. In einem sehr eindrucksvollen Fall habe ich einen Jungen vertreten, der zum Unfallzeitpunkt sieben Jahre alt war. In einer Universität gab es einen Tag der offenen Tür für Kinder. Eine Leiterin hat dabei mit brennbaren Flüssigkeiten hantiert und es kam, wie es kommen musste: es gab eine riesige Verpuffung und der Junge stand direkt daneben und stand von oben bis unten lichterloh in Flammen. Dieser kleine Junge war dann wirklich so schwer verbrannt, dass er aussah wie Freddy Krueger. Er war vorher bei einem Anwalt, der der Mutter des geschädigten Jungen geraten hat, hier maximal 20-30 000 Euro Schmerzensgeld zu fordern. Sie kam dann zu uns und wir haben den Fall bei 1,6 Millionen abgeschlossen. Das sind natürlich Erfolge, die uns unglaublich freuen.

Ein weiteres Beispiel: Eine junge Frau erlitt einen schweren Verkehrsunfall, brach sich mehrfach das Bein und trug ein Schädel-Hirn-Trauma sowie eine Gehirnblutung und Hörverlust davon. Wenn wir so einen Fall übernehmen, müssen wir erst einmal dafür Sorge tragen, dass die Menschen die richtige Betreuung bekommen. Wir kümmern uns also auch um Reha-Dienste und finanzielle Unterstützung. Das ist eine sehr wichtige Hilfe über die Möglichkeit unserer juristischen Unterstützung hinaus - häufig leidet ja die ganze Familie, wenn zum Beispiel der Hauptverdiener nicht mehr arbeiten kann.


Rechtverblüffend Toll, dass Sie sich dann so engagieren, damit die Opfer von solchen Schicksalen sich nicht allein gelassen fühlen. Sie sind dabei deutschlandweit tätig, oder?


Thomas Gfrörer: Genau. Teilweise haben wir sogar Mandanten aus dem Ausland. Aber wenn da etwas bei einem ausländischen Arzt falsch läuft, brauchen wir nicht tätig werden. Wir übernehmen gerne alles, was in Deutschland und unter deutschem Recht passiert ist und bieten denen unsere vielfältige Unterstützung an, die Sie brauchen, um ihnen bei solchen Schicksalsschlägen zum Recht zu verhelfen.

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